Interaktive Methoden für Online- und Präsenzworkshops: Teil 4

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Interaktive Methoden für Online- und Präsenzworkshops: Teil 4

Der Erkenntnis-Baum

Teil 4 der Blog-Serie „Interaktive Methoden für Online- und Präsenzworkshops“

Reflexion – eines der elementarsten Dinge beim Lernen überhaupt

Was so selbstverständlich klingt, wird in der Praxis noch lange nicht konsequent umgesetzt: die Reflexion des Gelernten. Je früher wir verinnerlichen, Gelerntes zu reflektieren, desto stärker gelingt es uns, achtsam über uns selbst nachzudenken, persönliche Ziele zu setzen und anzupassen und uns eine Meinung zu bilden – ob es sich um die Hausaufgaben in der Schule, die Erfahrungen während eines Praktikums, den Lernprozess vor einer Prüfung, die Inhalte einer Fortbildung oder um die Erfahrungen in einem Teamprojekt handelt.

Die Zeit und die Mühe für eine angemessene Reflexion ist nicht nur wichtig, sondern unerlässlich, wenn man einen Lerntransfer sicherstellen will. Der Begriff „Mühe“ ist in diesem Kontext sogar fast unpassend, wie ich finde, denn Reflektieren kann zwar anfangs anstrengend sein, ist aber vor allem dann sehr gewinnbringend, wenn man es gemeinsam mit anderen tut und dadurch wieder zu neuen Erkenntnissen gelangt.

 

Erkenntnisse dürfen wachsen

Eine Methode, die ich selbst einmal in einem Training kennengelernt und seitdem selbst oft und erfolgreich angewendet habe, ist der „Erkenntnis-Baum“. Was mir so gut daran gefällt, ist, dass das Bild des Baumes etwas Wachsendes darstellt. Auch Erkenntnisse dürfen wachsen, wenn man sie lässt. Für ein Training oder einen Workshop bedeutet das, dass die Reflexion sorgsam angeleitet werden sollte, sodass jede*r Teilnehmende das Gefühl hat, zu jeder Zeit angstfrei seine/ihre Meinung frei äußern zu dürfen. Gerade in sehr verschulten Kontexten ist das oft noch keine Selbstverständlichkeit, leider.

 

Wie setze ich den Erkenntnis-Baum ein?

Zu Beginn eines Präsenz-Trainings oder -Workshops hänge ich einen Flipchart mit dem noch blätterfreien Baum irgendwo sichtbar im Raum auf. Im Online-Training zeige ich entweder zu Beginn des Trainings eine Folie mit dem leeren Baum oder platziere den Baum zentral auf einem Whiteboard-Tool. In jedem Fall ist es gut, anfangs schon darauf hinzuweisen, dass der Baum unseren gemeinsamen Reflexions-Ort darstellt, zu dem wir während des Trainings immer wieder zurückkehren werden.

In Präsenz-Trainings liegen, sofern verfügbar, hellgrüne Moderationskarten zentral in der Raummitte. Oft habe ich es erlebt, dass Teilnehmende während des Trainings aufstehen, sich eine Karte holen und einen Gedanken aufschreiben, der dann später als neues Blatt am Baum landet. Im Online-Training rege ich Teilnehmende immer dazu an, ein Blatt Papier und einen Stift neben sich auf den Tisch zu legen, um reflektierende Gedanken und Fragen jederzeit notieren zu können.

 

             

 

Verschiedene Fragestellungen

Je nachdem, welches Feedback ich mir als Trainerin wünsche bzw. welche Art Erkenntnisse ich den Teilnehmenden für sich selbst wünsche, setze ich unterschiedliche Fragestellungen ein, z.B.:

  • Was sind deine Erkenntnisse aus der letzten Stunde (Lerneinheit, Kapitel, …)?
  • Womit möchtest du sofort in die Umsetzung gehen?
  • Welche Fragen hast du noch?
  • Was hat dir besonders gut gefallen / besonders viel gebracht?
  • Worüber möchtest du gerne noch mehr erfahren?
  • Wobei bist du an deine Grenzen gekommen?
  • Wobei benötigst du Unterstützung?
  • Was hat dir gar nicht gefallen?

 

Wie kann ich Erkenntnisse nach und nach wachsen lassen?

In Tages-Workshops kommt der Baum mindestens 4-5 Mal zum Einsatz: zu Beginn, wenn er noch leer ist, dann 2-3 Mal während des Tages für die Zwischenreflexion, und dann natürlich zum Schluss für eine Gesamtreflexion. Für alle Beteiligten – für die Teilnehmenden und für mich als Trainerin – ist es schön, zu sehen, wie sich der Baum nach und nach mit Blättern füllt, wie manche Blätter wieder abgenommen und durch neue, reflektiertere Gedanken ersetzt werden oder wie einige Blätter mit anderen zusammen gruppiert werden, wenn die Teilnehmenden erkennen, dass sie gleiche oder ähnliche Gedanken teilen. Insofern ist der Erkenntnis-Baum auch eine tolle interaktive, soziale Methode, sozusagen ein Treffpunkt, an dem immer wieder gemeinsam innegehalten wird. Das klappt auch hervorragend im virtuellen Raum!

 

                                                            

 

Übrigens, auch wenn es mal schnell gehen muss und du aufgrund von Zeitmangel vielleicht nicht die umfangreichere Reflexionsmethode durchführen kannst, die du geplant hattest, lohnt es sich immer, den Baum-Flipchart oder die Baum-Folie im (virtuellen) Gepäck zu haben.

 

Diese und mehr kreative und interaktive Aktivierungsmethoden speziell für Online-Meetings und Online-Trainings gibt es übrigens auch bald in einem einwöchigen Kompaktkurs, den ich mit meiner lieben e-Trainer-Kollegin Annette Luickhardt konzipiert habe. Nächster Kursstart ist am 10. September.